„Pfingsten sind die Geschenke am Geringsten ..." - Gedanken zu Pfingsten von Ute Sauerbrey

„Pfingsten sind die Geschenke am Geringsten ..." - Gedanken zu Pfingsten von Ute Sauerbrey

„Pfingsten sind die Geschenke am Geringsten ..." - Gedanken zu Pfingsten von Ute Sauerbrey

# Kirchenjahr

„Pfingsten sind die Geschenke am Geringsten ..." - Gedanken zu Pfingsten von Ute Sauerbrey

„Pfingsten sind die Geschenke am Geringsten – während Ostern, Geburtstag und Weihnachten etwas einbrachten“ – so dichtete Bertold Brecht in seinen „Kinderliedern“.

Ja, Pfingsten ist frei vom weihnachtlichen Geschenke-Stress. Es ist von den großen christlichen Festen – denen, die in Deutschland mit einem zweiten Feiertag geehrt werden – das am wenigsten handfeste. Keine Geschenke. Und keine Geschichte, die sich gut erzählen ließe – oder war schonmal jemand bei einem Pfingst-Spiel oder bei einem Pfingst-Film?

An Pfingsten ist alles weniger greifbar: Was wir feiern. Und warum.

Und das ist auch richtig so. Denn an Pfingsten feiern wir das Nicht-Greifbare. Das, was sich nicht festlegen lässt. Das, was sich jeder Kontrolle entzieht. Und jeder Bestellung, jedem Befehl.

Wir feiern den Geist. Der weht, wo er will. Der ausbleibt, wo wir ihn herbeiflehen und der zu Besuch kommt, wo wir ihn nicht erwarten.

Es gibt natürlich auch eine Geschichte zum Pfingstfest. Aber sie muss ohne Hirten und Weise  auskommen, ohne Stern und Stall. Sie beginnt in Jerusalem mit einem Häuflein verängstigter Menschen, die ihren Freund, Geliebten und Lehrer – Jesus - auf grausame Art haben sterben sehen. Die sich nun zurückziehen, verbarrikadieren, sich nicht mehr vor die Tür trauen.

Und dann passiert etwas, das man nicht beschreiben kann, außer mit Bildern: Es war „wie ein Brausen“, „wie ein Sturmwind“, „wie Feuerflammen“ – und war doch nichts von alledem.

Und dann haben die Ängstlichen auf einmal keine Angst mehr. Die Verstummten finden Worte, so kraftvoll und echt und begeistert, dass jeder sie verstehen kann – auch die zahlreichen Pilger aus aller Herren Länder, die gerade zum Schavu’ot-Fest in Jerusalem waren und die Straßen verstopften.

Ja, an Pfingsten gibt es nichts Handfestes oder Greifbares. Und so ist es geblieben. So stehen wir noch heute da: Mit nichts in Händen. Unser Glaube – das ist nicht, was sich festhalten, in Stein meißeln, ins Schließfach legen ließe. Unsere Gemeinschaft mit Gott – die ist anders als das, was die Jüngerinnen und Jünger erfahren haben. Die konnten mit Jesus essen und hungern, wandern und ankommen, Fragen stellen und nach Antworten suchen. Und wir?

„Halte mich nicht fest“, sagt der auferstandene Jesus zu Maria Magdalena am Grab. Damit müssen wir bis heute klarkommen: Wir können ihn nicht halten. Wir können nur seine lebendige Gegenwart feiern, wo immer wie sie spüren: beim Singen, beim Feiern, beim Trösten und Getröstet-Werden.

Das ist der Geist, der uns dann anrührt. Wie ein Brausen, wie ein Wind, wie Feuer. Wie ein Lied, wie eine Hand, die meine Hand hält, wie ein geschenktes Lächeln.

Die verschreckte Jünger*innenschar damals in Jerusalem – die befand sich in einer wirklich prekären Lage. Was für eine großartige Botschaft an uns heute, die wir auch unsere prekären Verhältnisse in Kirche und Gesellschaft beklagen, hat diese Pfingst-Geschichte für uns! Wo doch auch heute der Ruf nach Abschottung, nach Mauern, nach Grenzzäunen wächst. Die Jerusalemer Ur-Gemeinde setzte nicht auf Abschottung, sondern auf Öffnung. Nicht auf Grenzziehung, sondern auf Kommunikation.

Für Pfingsten kennen wir keine Bräuche – keine Ostereier, kein Geburtstagskuchen, kein Tannenbaum. Wie soll man da feiern? Vielleicht so: Indem wir verriegelte Türen öffnen. Rausgehen, hören, sprechen, neugierig sind. Indem wir Überraschungen zulassen, Verletzlichkeit riskieren. Und darauf vertrauen, dass die Hoffnung wächst, wenn man sie teilt. Auf Fremde zugehen und miteinander reden.

In diesem Sinne ein wahrhaft geist-reiches Pfingsten wünsche ich Ihnen im Namen meiner Pfarr-Kollegen und aller Mitarbeitenden in der Region NoOMi!

Ihre Ute Sauerbrey

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