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Meditation zum Sonntag Palmarum am 5.4.2020 von Christoph Anders
Meditation zum Sonntag Palmarum am 5.4.2020 von Christoph Anders
# Kirchenjahr
Meditation zum Sonntag Palmarum am 5.4.2020 von Christoph Anders
Meditation zum Palmsonntag von Christoph Anders (PDF)
Palmsonntag, April 2020. Eine besondere Stimmung liegt über diesem Tag. Herrliche Sonne in Berlin, der Frühling bricht sich Bahn. Manche Begriffe schicken Gedanken auf Reisen: Palmenzweige. Urlaub unter Palmen. Blätter wiegen sich sanft im Wind und spenden Schatten. Sehnsucht nach Entspannung an Meer und Stränden, in weiter entfernten Gefilden. Dort, wo es schon um Ostern warm ist. Nicht so in diesem Jahr. Weder Ostsee noch mecklenburgische Seenplatte sind denen, die in der Hauptstadt wohnen, als Erholungsziele erlaubt. Hiergeblieben, auch in der Osterferienzeit. Corona-Krise. Ich blicke hinaus und freue mich am ersten Grün der Weide im Pfarrgarten. Auch ihre Zweige wiegen sich im Wind…
Gedanklich wieder am Schreibtisch, fällt auf: Besonders ist der Charakter des Palmsonntags auch ohne Krise. Er eröffnet die Karwoche fröhlich, fast euphorisch – und doch steht an ihrem Ende der Karfreitag. Der wirft seinen Kreuzesschatten voraus. Anfang und Ende – eng miteinander verwoben sind sie im Bericht vom Einzug Jesu in Jerusalem (Joh. 12, 12-19). Triumpf und Scheitern liegen nur wenige Tage auseinander. Denn in Jerusalem, im Zentrum der Macht kommt Jesu Weg an sein Ziel. Hier steht die entscheidende Auseinandersetzung zwischen ihm und seinen Gegnern an. Friedfertigkeit und Verwundbarkeit kennzeichnen seinen Einzug auf einem Esel. Aus der Menge, die ihm entgegengeht, erklingt Jubel. „Hosianna!“ – so rufen viele, die sich schon zum Passahfest in Jerusalem befinden. Huldigungen für jenen Mann, der wenige Tage zuvor Lazarus von den Toten auferweckt hatte. Das hatte sich herumgesprochen. „Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn“- hohe Erwartungen waren geweckt an einen Hoffnungsträger, den möglichen neuen „König von Israel“. Mehr als politischer Wandel ist nun angesagt – die Überwindung von Krankheit, Leid und Tod. Es geht um die brennende Sehnsucht nach einem leidensfreien Verlauf des Lebens, einem guten Ausgang. Jesus verkörpert sie für die jubelnde Menschenmenge. Hosianna! Was Jesus dazu gesagt hat oder gedacht – wir erfahren es nicht. Aber für die Gegner steht fest: Das muss ein Ende finden!
Wenige Tage später tritt dieser König mit einer Dornenkrone vor das Volk. Jubel schlägt um in Hass und Verachtung. Passion und Kreuzestod – war am Ende alles ein trostloser Irrtum? Für viele Menschen aus seiner Umgebung war es das – trotz Ostern. Für die christliche Gemeinde hat sich die Hoffnung auf das durch den Friedenskönig Christus angebrochene und sich ausbreitende Reich Gottes bewährt. Auch in Zeiten von Schmerz und Trostlosigkeit. In Zeiten, wo ein Glaube, der Trauer und Leid wahrnimmt, keine raschen Antworten und Erklärungen bereit hat. Der aber an der Hoffnung auf ein gutes Ende festhält und wiederständig Gebet und Gotteslob anstimmt. Der sich dabei auch jener alten Worte bedient: weniger enthusiastisch, seufzend, aber ebenso sehnsuchtsvoll wie damals in Jerusalem: „Hosianna! Gelobt sei, der da kommt, im Namen des Herrn“!
Christoph Anders, Pfarrer
(Foto: Wikipedia - Gemeinfrei)
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