„Prüfet alles und behaltet das Gute“- Gedanken zur Jahreslosung 2025 von Ute Sauerbrey

„Prüfet alles und behaltet das Gute“- Gedanken zur Jahreslosung 2025 von Ute Sauerbrey

„Prüfet alles und behaltet das Gute“- Gedanken zur Jahreslosung 2025 von Ute Sauerbrey

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„Prüfet alles und behaltet das Gute“- Gedanken zur Jahreslosung 2025 von Ute Sauerbrey

Die Jahreslosung für 2025 steht im 1. Thessalonicherbrief 5,21.

Einkaufen mit meiner Schwiegermutter ist der blanke Horror. Nicht für mich; ich verstehe mich gut mit ihr! Aber für die Verkäufer, Geschäftsinhaber, für die Menschen hinterm Stand beim Trödelmarkt – kurz für alle, bei denen wir Kundinnen sind.  Gerne wird die Familien-Legende erzählt vom Leiter der Herrenabteilung im Steglitzer C&A, der  sich hinter Kleiderständern versteckte, wenn meine Schwiegermutter die Rolltreppe hochschwebte. 

Warum? Meine  Schwiegermutter ist die Umtausch-Königin. Wenn ich eine neue Hose brauche, geh ich in zwei Läden, probiere flüchtig an, bezahle und ärgere mich zu Hause still, wenn sie doch nicht passt. Aber Umtausch? Das wäre mir peinlich. Ich habe das Gefühl, ich müsste mich für meinen unbedachten Einkauf entschuldigen.  Müsste begründen, um Nachsicht bitten, beschämt mein  Geld zurücknehmen und Besserung gelobend aus dem Laden schleichen. 

Nicht so in der Familie, in die ich eingeheiratet habe. Hier findet die Anprobe zu Hause statt. Alle Anwesenden betrachten die Neuerwerbung kritisch. Wenige Stücke bestehen das kollektive Urteil. Und dann wird umgetauscht – auch wenn das Preisschild schon ab ist, auch wenn die Bluse bereits auf einer Hochzeit getanzt hat – erhobenen Hauptes und ganz ohne falsche Scham tragen sie die Ware in den Laden und ihr Geld wieder hinaus. 

„Prüfet alles, das Gute behaltet“ – mich spricht dieser Satz des Paulus, der die Jahreslosung für 2025 ist, erstmal nicht an. Was ich gekauft habe, behalte ich, auch wenn ich zu Hause feststelle: Es passt, es gefällt doch nicht. 

Was meint Paulus mit diesem Satz? Er schreibt ihn an die junge christliche Gemeinde in Thessaloniki, wo Menschen aus vielen Kulturen, Religionen, sozialen Schichten zusammenkamen. Da waren Konflikte  vorprogrammiert! Soll man beim Beten knien, sich zu Boden werfen, stehen? Dürfen Sklavenhändler zur Gemeinde gehören? Wie feiert man eigentlich einen Gottesdienst? 

Paulus, der sehr glaubensstreng und genau sein kann, rät hier zur Gelassenheit. „Prüfet alles, das Gute behaltet.“ Lasst euch Zeit! Nehmt wahr, was ihr seht, hört und fühlt. Erkennt die Vielfalt. Und dann überlegt: Was ist gut? Was wollt ihr behalten? Was tut nicht gut, wovon wollt ihr euch trennen?

Diese Gelassenheit ist keine Beliebigkeit. Es ist keineswegs egal, wie wir beten. Oder wie wir handeln. Welche Ansprüche wir an unsere Mit-Christ*innen stellen. Aber Paulus sagt: nehmt euch Zeit, das zu entscheiden. 

Vielleicht sollte ich doch mal wieder mit meiner Schwiegermutter einkaufen gehen. Und diese Haltung einüben: Lass dir Zeit. Überdenk deine Entscheidung ruhig nochmal. Frag andere nach ihrer Meinung. Prüfe wirklich, mit was du dich umgibst, und triff dann eine Entscheidung ohne falsche Scham. 

Natürlich ist die Entscheidung für einen Glauben nicht mit Hosenkaufen vergleichbar. Aber wenn es schon bei ganz banalen Dingen gilt, dass Zeit, Achtsamkeit, der Austausch mit anderen, die bewusste Entscheidung oder Um-Entscheidung gut und richtig sind – um wieviel mehr muss das für die wichtigen Dinge des Lebens gelten. Prüfet alles: Geht in Gottesdienste, in viele verschiedene. Besucht die  Gemeinden auch um uns herum. Lasst uns voneinander lernen, nicht um uns Rosinen herauszupicken, sondern um ins Gespräch zu kommen mit vielen. 

Im neuen Jahr wird viel Neues auf die Gemeinden der Region NoOMi zukommen. Wir werden enger zusammenrücken, noch mehr Kräfte bündeln, sparsamer sein, Abschiede von Altbekanntem erleben. In solchen Prozessen ist es Gift, wenn jede Gemeinde um jeden Preis ihr Eigenes durchsetzen, verteidigen, festhalten will. „...  das Gute behaltet“ heißt ja nicht: „... nur was ihr schon immer gemacht habt, behaltet.“ Offen sein auch für das Ungewohnte und Neue, das Gute auch im Loslassen erkennen – wenn wir gut durch die Transformationen der kommenden Jahre kommen wollen, dann lasst uns das einüben! Paulus macht uns Mut dazu – und rät zu Gelassenheit. 

Ich wünsche Ihnen Mut und Gelassenheit in einem gesegneten neuen Jahr 2025!

Ihre Pfarrerin Ute Sauerbrey

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